Soziale Arbeit mit Geflüchteten massiv beschnitten

Pressemitteilung: Alle neubeantragten Projekte der integrativen Maßnahmen für den Landkreis Leipzig gestrichen – Soziale Arbeit mit geflüchteten Menschen massiv beschnitten

Die Unterstützungsangebote der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen wurden im sächsischen Landkreis Leipzig massiv beschnitten. Dies betrifft zum einen Ablehnungen von Fördergeldern mehrerer Projekte von etablierten Trägern, zum anderen die seit Jahresbeginn komplette Übernahme u.a. der Flüchtlingssozialarbeit durch den öffentlichen Träger der Landkreisverwaltung.

Die Mitglieder des RTM resümieren: Die sogenannte Willkommenskultur, die im Sommer 2015 mit zivilgesellschaftlich organisierten Begrüßungskomitees ihren Höhepunkt fand, scheint in Sachsen und insbesondere im Landkreis Leipzig endgültig vorbei zu sein. Im Landkreis Leipzig entstand ein gut funktionierendes Unterstützungssystem der Sozialen Arbeit mit Geflüchteten. Doch ehemals vorhandene Angebote für geflüchtete Menschen sind im Leipziger Umland seit Beginn des Jahres kaum noch vorhanden oder massiv in ihrer Existenz bedroht.

Seit Beginn des Jahres werden die vielfältigen Projekte von etablierten Vereinen durch das Förderprogramm Integrative Maßnahmen des Freistaates nicht weiter gefördert. „Im Landkreis Leipzig sind alle neubeantragten Projekte betroffen, das heißt die Vereine Joker e.V., Netzwerk für demokratische Kultur Wurzen e.V., Bon Courage e.V. und der Kinder- und Jugendring Landkreis Leipzig e.V. Für geflüchtete Menschen fallen damit alle bisher genutzten Angebote und Orte der Unterstützung, Beratung, Bildung und Begegnung weg“, so Frauke Sehrt, Mitarbeiterin des NDK e.V. und ehrenamtliche Integrationsbeauftragte der Stadt Wurzen. Für die Förderanträge war im Vorfeld jeweils eine Stellungnahme des Landkreises durch die Landkreisverwaltung zum Projektvorhaben einzuholen. Im Vergleich zu vorherigen Stellungnahmen haben alle Projektträger eine deutlich schlechtere Bewertung durch das Landratsamt erhalten. Dazu Sebastian Koch vom Integrationsbeirat im Landkreis Leipzig: „Durch die negativen Stellungnahmen wertet das Landratsamt die langjährige Integrationsarbeit im Landkreis ab und nimmt ein Ende der Förderung billigend in Kauf. Die Gründe hierfür sind uns nicht ersichtlich und lassen nur mutmaßen, dass die Landkreisverwaltung den Förderbedarf in diesem Bereich nicht für notwendig und unterstützenswert hält.“

Zusätzlich ist es für die Mitglieder des RTM erschreckend, dass seit Beginn des Jahres im gesamten Landkreis Leipzig das noch verbleibende Unterstützungsangebot der Sozialen Arbeit mit geflüchteten Menschen nicht mehr in freier Trägerschaft liegt. „Neben der Rückkehrberatung und der Kommunalen Integrationskoordination ist seit dem 01.01.2021 auch die Flüchtlingssozialarbeit im gesamten Landkreis Leipzig durch das Ausländeramt übernommen worden, also jener Verwaltungsbehörde, die als Ordnungs- und Ausführungsorgan bestehende Asyl- und Aufenthaltsgesetze umsetzt und eine unabhängige Beratung, die den Fachstandards der Profession Sozialer Arbeit entspricht, damit unmöglich macht“, erklärt Hannah Franke von der Refugee Law Clinic Leipzig e.V., welche im Dorf der Jugend in Grimma eine Beratungsstelle unterhält. Dass diese Entwicklung als problematisch einzuschätzen ist, machten im vergangenen Jahr 2020 verschiedene Akteurinnen aus Praxis und Wissenschaft der Sozialen Arbeit mit Geflüchteten deutlich. Es wird u.a. das Subsidiaritätsprinzip umgangen, es kommt zu Mandats- und Rollenkonflikten und die Lebenswelt der Adressatinnen bleibt unberücksichtigt, konstatiert u.a. auch der RTM. Und auch hier wird die Ressource der vorhandenen Trägerlandschaft im Landkreis Leipzig aus gut vernetzten, etablierten Vereinen und Wohlfahrtsverbänden nicht beachtet. „Eine fatale Entscheidung für das  Unterstützungsnetzwerk, vor allem aber für geflüchtete Menschen im Landkreis Leipzig, welche z.T. durch Wohnsitzauflagen und Residenzpflichten an den Landkreis gebunden sind und vor Ort bedarfsgerechte Hilfe und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht und gefördert werden muss“, so Andreas Rauhut vom Kinder- und Jugendring Landkreis Leipzig e.V. mit Sitz in Bad Lausick.

„Die Entwicklung im Landkreis bedeutet eine massive Verschlechterung der Lebenssituation für geflüchtete und zugewanderte Menschen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum Integration und bewährte professionelle Hilfe sabotiert wird.“ So Lena Nowak, Beraterin bei Support des RAA Sachsen e.V. Der Runde Tisch Migration betont, im gegenseitigen Austausch mit den verantwortlichen Stellen bleiben zu wollen. Nicht zuletzt, da wir, die Mitglieder des RTM, nicht aufgeben werden und nach wie vor Hoffnung besteht, gemeinsam einen offenen und inklusiven Lebensraum im Landkreis Leipzig gestalten zu können.

Alle betroffenen Vereine und zitierten Personen stehen für Anfragen gerne zur Verfügung, Kontaktmöglichkeiten über Telefon und E-Mail sind auf den entsprechenden Internetseiten der Vereine und Projekte zu
finden.