Genau so, aber bitte für alle!

Seit über sechs Wochen herrscht in der Ukraine Krieg. Über 300.000 Menschen aus der Ukraine sind mittlerweile nach Deutschland geflohen und werden hier von einer breiten Hilfsbereitschaft aus der Zivilgesellschaft unterstützt (1). Viele Geflüchtete werden in privaten Räumen untergebracht und mit Lebensmitteln sowie Kleidung versorgt. Der Runde Tisch Migration im Landkreis Leipzig begrüßt die Solidarität unter der Bevölkerung, sieht jedoch mit gleich großem Unmut die wachsende rassistische und diskriminierende Behandlung von Drittstaatsangehörigen, die vor dem selben Krieg aus der Ukraine und aus anderen Krisenregionen fliehen. An der polnisch-ukrainischen Grenze wurden laut Medienberichten Menschen, die nicht dem europäischem Bild einer*s weißen Ukrainer*in entsprachen, schlechter behandelt, mussten länger, teils tagelang, warten und bekamen keine Verpflegung (2). In Deutschland setzt sich diese Odyssee fort. Berichten zufolge wurde nicht-weißen Geflüchteten aus der Ukraine die Weiterfahrt mit dem Zug oder dem Bus verwehrt, sowie Handys und Ausweispapiere von der Bundespolizei abgenommen (3). Von Drittstaatsangehörigen und Asylberatungsstellen wird berichtet, dass für nicht-ukrainische Staatsangehörige mit einem Aufenthaltsrecht in der Ukraine, und dem damit verbundenem Recht sich vorübergehend in der BRD aufzuhalten, ein Asylverfahren eingeleitet worden ist. Einen Asylantrag zu stellen, bedeutet die Abgabe der Sonderrechte für Geflüchtete aus der Ukraine und damit in den meisten Fällen die Unterbringung in einer Aufnahmeeinrichtung, ein striktes Arbeitsverbot in den ersten 3 Monaten, keine Reise- und Bewegungsfreiheit, kein Familiennachzug und keine medizinische Versorgung von chronischen Krankheiten.

Genau das sind in Deutschland auch die Bedingungen mit denen Geflüchtete aus anderen Kriegs- und Krisengebieten, wie Afghanistan, Somalia und Syrien leben müssen, obwohl sie in erster Linie die gleichen Bedarfe haben: Schutz, Sicherheit und eine schnelle aufenthaltsrechtliche Perspektive. Die derzeitige Unterstützung der Geflüchteten aus der Ukraine zeigt, dass die Aufnahmekapazitäten und die Möglichkeiten der Solidarität und Unterstützung nicht ausgeschöpft sind.

Der Runde Tisch Migration fordert deshalb die gleichen Rechte für alle Geflüchteten und damit:

  1. Unbürokratische und schnelle Aufenthaltslösungen
  2. Uneingeschränkten Zugang zum Bildungs- und Arbeitsmarkt
  3. Freie Entscheidung über Aufenthaltsort und -land und Abschaffung der Residenzpflicht
  4. Die Aufstockung und Unterstützung der Flüchtlings- und Migrationssozialarbeit
  5. Das Recht auf Familiennachzug für alle
  6. Kostenloser Zugang zum ÖPNV
 

(1)vgl. Ukrainische Flüchtlinge | Flucht & Asyl | Zahlen und Fakten | MDI. (2022, April). Mediendienst Integration. Abgerufen am 8. April 2022, von https://mediendienst-integration.de/migration/flucht-asyl/ukrainische-fluechtlinge.html

(2) vgl. Klein, J. K. & Memarnia, S. (2022, 6. März). Schwarze Geflüchtete aus der Ukraine: „Ganz klares Racial Profiling“. TAZ Verlags- und Vertriebs GmbH. Abgerufen am 8. April 2022, von https://taz.de/Schwarze-Gefluechtete-aus-der-Ukraine/!5834093/

(3) vgl. Meisner, M. (2022, 10. März). Krieg in der Ukraine: Geflüchtete zweiter Klasse. TAZ Verlags- und Vertriebs GmbH. Abgerufen am 8. April 2022, von https://taz.de/Krieg-in-der-Ukraine/!5839619/

weitere Quellen:

Geisler, L. (2022, 3. April). Grenzräume: Rassistische Grenze, rassistisches Recht? migazin.de. Abgerufen am 8. April 2022, von https://www.migazin.de/2022/04/03/grenzraeume-rassistische-grenze-rassistisches-recht/

Nufer, S. (2022, 8. April). Höchste Zeit für Gleichbehandlung von Geflüchteten. flüchtlingshilfe.ch. Abgerufen am 8. April 2022, von https://www.fluechtlingshilfe.ch/publikationen/standpunkt/hoechste-zeit-fuer-gleichbehandlung-von-gefluechteten