Intransparenz der Verantwortlichen bei Unterbringung in Mark Schönstädt
Am Donnerstag, den 20.01.2022, zogen fünf Familien aus Afghanistan, Georgien und Libyen in einen Wohnblock in Mark Schönstädt. Das Dorf liegt im Landkreis Leipzig in der Gemeinde Lossatal und wird von 135 Menschen bewohnt. In den vergangenen zwei Wochen erfuhren die Geflüchteten von den Bewohner_innen eine große Welle der Unterstützung. Die Unterstützung seitens der Behörden bleibt jedoch gering. Schon seit fast 20 Jahren hält in Mark Schönstädt keine Bahn mehr, Einkaufsmöglichkeiten gibt es nicht, kulturelle oder soziale Treffpunkte sind kaum erreichbar und die Busse fahren nur einige Male am Tag. Um die Aufgaben des alltäglichen Lebens zu bewältigen, ist ein Auto nahezu unabdingbar. Wie sollen gerade Geflüchtete ihren Alltag organisieren in einem Ort, der seit Jahren keine infrastrukturelle Unterstützung mehr erfahren hat?
Auch die rechtzeitige Information der Anwohner_innen blieb aus. Eine angesetzte Informationsveranstaltung wurde kurzfristig abgesagt und die Bewohner_innen wurden nur wenige Tage vorher über den Zuzug der Geflüchteten informiert. Die Begründung: die Behörden hatten zu diesem Zeitpunkt zu wenig Informationen über die geflüchteten Personen. Die Entscheidung, dass Menschen in Mark Schönstädt untergebracht werden, dürfte aber spätestens im Dezember vergangenen Jahres gestanden haben, als die Renovierungsarbeiten in dem Wohnblock begannen. Hierzu wurden weder Akteur_innen der Zivilgesellschaft noch Fachgremien des Landkreises, wie der Beirat Integration, angehört. Der Runde Tisch Migration kritisiert diese Intransparenz der Behörden auf schärfste, da sie Menschen in die Hände spielt, die Angst und Vorurteile verbreiten.
Trotz der geringen Unterstützung seitens der Behörden stellten sich die Mark Schönstädter_innen der Kundgebung des AFD – Landtagsabgeordneten Jörg Dornau am 23.01.2022 entschlossen entgegen und setzen somit ein Zeichen für ein soziales Miteinander und gesellschaftliche Verantwortung.
Auch wenn eine dezentrale Unterbringung grundsätzlich zu begrüßen ist, vertritt der Runde Tisch Migration die Auffassung, dass die zuständigen Behörden ihrer Verantwortung gegenüber den Anwohner_innen und den Ankommenden nicht gerecht werden und stellen folgende Forderungen für die zukünftige Unterbringung von Geflüchteten auf:
1. Rechtzeitige Information der Anwohner_innen
Eine Aufklärung der Anwohner_innen kann Bedenken und Vorurteile in der Bevölkerung abbauen. Bleibt diese aus, wird der Raum Personen überlassen, die die Situation zur Verbreitung ihrer Propaganda und zu populistischen Zwecken nutzen.
2. Gute Verkehrsanbindung
Ohne Verkehrsanbindung können Orte des öffentlichen Lebens nicht erreicht werden. Für den Besuch der Schule, den Gang zum Arzt oder zur Behörde ist eine gute Anbindung unabdingbar. Ist diese nicht vorhanden, wird die Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und alltäglichen Leben unnötig erschwert.
3. Soziale und kulturelle Beteiligung ermöglichen
Die Schaffung von Begegnungsräumen und sozialen Treffpunkten trägt zur Verständigung untereinander und der Integration der geflüchteten Personen bei.
4. Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe
Für die Beschaffung von Gütern des alltäglichen Bedarfs, wie Lebensmittel und Hygieneartikel, sollten sich Möglichkeiten in laufbarer Nähe befinden und maximal zwei Kilometer vom Wohnort entfernt liegen. Dabei sollten die Kaufhallen durch sichere Fußwege erreichbar sein und nicht über Landstraßen führen.
5. Medizinische Versorgung erreichbar machen
Ein guter Zugang zu medizinischer Versorgung ist in Deutschland Standard. Somit sollte auch Geflüchteten ein entsprechender Zugang durch medizinische Einrichtungen in der Nähe oder eine entsprechende Verkehrsanbindung gewährleistet werden.
6. Nähe zu Behörden
Da Geflüchtete aus verschiedenen Gründen häufiger bei Behörden vorsprechen müssen, bspw. zur Verlängerung von Ausweispapieren oder zum Abholen von Krankenscheinen, müssen die Behörden gut und ohne hohe Anreisekosten erreichbar sein.